Liebe Angehörige der FAU, liebe Studierende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Infektionszahlen gehen zurück, die Impfquote steigt und mit dieser Entwicklung öffnen auch
nach und nach Kultureinrichtungen ihre Türen. Welche Auswirkungen die Pandemie nach über einem Jahr
in Museen, Theatern und Schauspielhäusern hinterlassen hat, darüber spreche ich heute
mit meinem Gast, Frau Professorin Dr. Bettina Brandl-Risi. Sie hat bei uns an der FAU eine
Professur für Theaterwissenschaft. Bettina, ich grüße dich, wie geht es dir? Danke, ich würde
sagen verhalten optimistisch, nachdem ich vorgestern zum ersten Mal nach unglaublich
langer Zeit wieder in einer Theateraufführung mit Live-Publikum war, in der Premiere Isola am
Schauspielhaus Nürnberg, Wiedereröffnung. Es war großartig, es war beglückend, vor allem deswegen,
weil wir als Publikum am Ende der Aufführung jede, jeder einzelne eine Blume bekommen haben.
Blumen fürs Publikum, das sagt doch schon alles. Das ist aber sehr nett, höre ich auch zum ersten
Mal und freut mich auch, dass gewissermaßen der Weg in Richtung Normalität jetzt eingeschlagen
wird. Ich hatte es ja auch eingangs erwähnt, mehr als ein Jahr waren letztlich die Kultureinrichtungen
in Deutschland beinahe durchgängig geschlossen. Festivals wurden ja komplett abgesagt. Welche
Auswirkungen hatte denn die Pandemie auf Veranstalterinnen und Veranstalter sowie
Künstlerinnen und Künstler? Also der Kulturbereich ist mit Sicherheit einer der Bereiche, die am
aller, aller heftigsten von der Pandemie getroffen wurden und besonders natürlich die performativen
Künste, die traditionell auf die gleichzeitige Anwesenheit von Aufführenden, Auftretenden und
Zuschauenden setzen. Und da sehen wir einfach, dass auf der Ebene der Institutionen natürlich
eine unglaubliche Flexibilität an Planung, an Umplanung, an sich einstellen auf die Bedingungen
gefragt waren, nachdem also Öffnungsszenarien wieder entwickelt wurden, haben aber manche Häuser bis
zu drei Spielzeitplanungen schon im Sommer, im letzten Sommer vorgelegen müssen, die sie dann
alle wieder revidieren mussten und letztlich jetzt damit konfrontiert sind, für die letzten paar
Wochen der Spielzeit noch einen minimalen oder maximalen Spielbetrieb zu gewährleisten. Sich
darauf einzustellen, dass man eben Aufführungen möglichst Corona-konform gestaltet, wenige Sitzplätze
natürlich nur verkaufen kann und aber auch die die Gestalt der Aufführungen sehr stark auch davon
beeinträchtigt wird, dass dann eben zum Beispiel hauptsächlich Solo-Aufführungen oder eben keine
mit großem Chor gemacht werden können, so dass man da auch mehr oder weniger unbeschadet letztlich
in den Aufführungen arbeiten kann. Am schlimmsten ist es aber natürlich für die Menschen, für die
Künstlerinnen und Künstler, die keine Auftrittsmöglichkeiten hatten lange Zeit, die
auch deren wirtschaftliche Grundlage ja letztlich weggebrochen ist. Glücklicherweise ist ja Deutschland
ein Land, was Kultur und Kunst doch mit öffentlichen Geldern massiv finanziert, also die
Festangestellten hatten da mehr Glück als die Freiberuflerinnen, die letztlich als Solo-
selbstständige durch fast alle Förderprogramme gefallen sind und eben weil sie auftritts- oder
projektbasiert finanziert werden, auch keine Möglichkeiten hatten ihren Lebensunterhalt zu verdienen
über viele Monate, geschweige denn künstlerisch tätig zu sein, ihren Beruf auszuüben. Und da gab
es natürlich Förderprogramme, da gab es Initiativen, die das auch versucht haben,
abzumildern, die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Allerdings zeigt sich dann auch wiederum, dass
auch unsere hochentwickelte deutsche Förderkultur manchmal nicht so viel versteht von den prekären
Lebensbedingungen, die freiberufliche Künstlerinnen tatsächlich Tag für Tag ja aushalten, um ihre
Kunst ausüben zu können. Und da ist bestimmt auch noch sehr viel Nachholbedarf. Gleichzeitig finde
ich es ungemein beglückend zu sehen, dass viele Künstlerinnen und Künstler sofort, auch während
des ersten Lockdowns schon angefangen haben, auch kostenlos Auftritte zu gestalten. Igor Levitt,
der über Twitter Konzerte aus seinem eigenen Wohnzimmer gestreamt hat oder Daniel Hope,
der Geiger, der in Arte Hope at Home jeden Abend aus dem eigenen Wohnzimmer ein Programm
gestaltet hat, um nur die Prominenten zu nennen, aber auch die zahllosen Auftritte vor Altenheimen
und Pflegeeinrichtungen oder auch die vielen Aktivitäten, die sich dann in den digitalen
Raum verlagert haben, die Streamings und Online-Formate, die entwickelt wurden, sind eigentlich auch
ja schön zu sehen in dieser ganz, ganz komplizierten Lage, die man tatsächlich nicht schön
reden kann. Und wir müssen ja auch davon ausgehen, dass manches einfach nicht schaffen,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:22:20 Min
Aufnahmedatum
2021-06-11
Hochgeladen am
2021-06-14 12:04:30
Sprache
de-DE